Trump, Putin und der Tomahawk-Konflikt – Eskalation des Ukraine-Krieges 2025

„Der Krieg wird drei Monate dauern, wenn alles gut läuft – vielleicht acht, wenn nicht.“ Mit diesen Worten schätzte der britische General Archibald Murray zu Beginn des Ersten Weltkriegs die Dauer des Konflikts ein. Doch er irrte: Der Krieg dauerte vier Jahre. Diese historische Lehre scheint sich zu wiederholen – denn auch heute wird die Dauer des Ukraine-Krieges unterschätzt, während die geopolitischen Spannungen zwischen Washington und Moskau neue Höhen erreichen.

Seit dem Beginn seiner zweiten Amtszeit im Weißen Haus hat Donald Trump versprochen, „alle Kriege zu beenden“. Besonders der russisch-ukrainische Konflikt stand im Mittelpunkt seiner außenpolitischen Rhetorik. Trump behauptete mehrfach, er könne den Krieg „innerhalb von 24 Stunden“ stoppen – doch fast zehn Monate nach seinem Wahlsieg scheint dieses Versprechen weiter entfernt denn je.

Die Illusion schneller Siege

Trumps Politik basiert auf dem Prinzip des wirtschaftlichen Erfolgs: schnelle Ergebnisse, sichtbare Deals, unmittelbare Gewinne. Doch die Realität internationaler Konflikte lässt sich nicht mit den Regeln des Immobilienmarkts erklären. Kriege – wie der britische General einst bemerkte – sind von Unsicherheit geprägt. Strategische Entscheidungen führen selten zu klaren Siegen, sondern zu endlosen Spiralen von Eskalation und Gegenreaktionen.

Diese Dynamik zeigt sich auch in der sogenannten „Leiter der Eskalation“ – der Annahme, dass Konfliktparteien in abgestuften Schritten reagieren, ohne die Schwelle zum totalen Krieg zu überschreiten. Doch mit der möglichen Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine droht die USA genau diese Schwelle zu überschreiten.

Tomahawk-Raketen – Amerikas schärfste Waffe

Die Tomahawk-Rakete ist seit Jahrzehnten ein Symbol amerikanischer Präzisionsschläge. Mit einer Reichweite von bis zu 1.600 Kilometern und einer Geschwindigkeit knapp unter der Schallgeschwindigkeit kann sie strategische Ziele tief im Feindesland treffen. Sie fliegt in niedriger Höhe, weicht Radarerkennungssystemen aus und kann während des Fluges neu programmiert werden – eine Kombination, die sie zu einer gefürchteten Waffe macht.

Würde Kiew diese Raketen erhalten, wäre Moskau – nur etwa 800 Kilometer entfernt – in Reichweite. Militärische Kommandozentralen, Munitionsdepots und Flugplätze könnten gezielt getroffen werden. Dies wäre eine dramatische Verschiebung der militärischen Balance in Europa.

Doch die USA stehen vor einem Dilemma: Zwar verspricht Trump Härte gegenüber Russland, doch der tatsächliche Bestand an Tomahawks ist begrenzt. Zudem verfügen die ukrainischen Streitkräfte nicht über die nötige Infrastruktur, um die Raketen effizient einzusetzen – sie besitzen weder geeignete Schiffe noch die dafür vorgesehenen Typhon-Startsysteme, die mehr als sechs Millionen Dollar pro Stück kosten.

Putins Reaktion: Warnung vor „neuer Stufe der Eskalation“

Russlands Präsident Wladimir Putin reagierte prompt: Die Lieferung von Tomahawks an Kiew wäre für Moskau eine „neue Stufe der Eskalation“. Auch Außenminister Sergej Lawrow warnte, Russland werde „entsprechend reagieren“. Diese Worte wurden von vielen als Warnung vor einer militärischen Vergeltung verstanden – möglicherweise mit Angriffen auf westliche Ziele oder Cyberattacken auf NATO-Infrastruktur.

Währenddessen setzt Moskau seine Drohnen- und Raketenangriffe auf ukrainische Städte fort. Erst in dieser Woche kamen bei einem Angriff auf Kiew drei Menschen ums Leben, darunter sechs Kinder. Diese Angriffe zeigen, dass Russland weiterhin über die Fähigkeit verfügt, ukrainische Verteidigungsnetze massiv zu belasten.

Der Strategiewechsel in Washington

Nach anfänglicher Nähe zu Putin scheint Trump zunehmend frustriert über dessen Starrsinn zu sein. Die anfänglichen diplomatischen Gesten wichen schnell wirtschaftlichen Sanktionen und Zollmaßnahmen gegen russische Partnerländer wie China und Indien. In jüngsten Reden sprach Trump offen über die Möglichkeit, „die Ukraine zu bewaffnen, um Moskau zu zwingen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren“.

Das Pentagon bestätigte, dass Washington derzeit „alle Optionen“ prüft – einschließlich der Stationierung zusätzlicher Luftabwehrsysteme in Osteuropa und der Unterstützung ukrainischer Streitkräfte durch amerikanische Aufklärungssatelliten.

Begrenzte Optionen für Russland

Russland steht unter massivem Druck. Der Drohwert seiner nuklearen Abschreckung hat in den letzten Monaten abgenommen, da westliche Staaten sich an Putins Rhetorik gewöhnt haben. Auch die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich rapide – trotz der Unterstützung durch China. Doch die größte Gefahr liegt in der Eskalationsspirale selbst: Jede neue Waffenlieferung könnte Moskau zu noch härteren Schritten treiben.

In diesem Zusammenhang führte Putin am 22. Oktober 2025 groß angelegte Nuklearmanöver durch. Getestet wurden Interkontinentalraketen des Typs „Jars“ sowie seegestützte Raketen vom Typ „Sinewa“. Außenminister Sergej Rjabkow erklärte, diese Manöver seien eine „notwendige Antwort“ auf die „aggressive Politik der NATO“.

Analysten in Berlin und Brüssel sehen diese Tests jedoch als Versuch, Druck auf Washington auszuüben und die Verhandlungsposition Moskaus zu verbessern. Ähnliche Manöver hatte Russland auch in den Vorjahren im Oktober durchgeführt – ein Muster, das auf symbolische Machtdemonstration hindeutet.

Trumps Doppelstrategie: Drohung und Diplomatie

Nur wenige Tage nach der Drohung mit den Tomahawk-Raketen sprach Trump erneut mit Putin – diesmal telefonisch. Er schlug ein Treffen in Budapest vor, um „den Frieden zu retten“. Doch das Treffen wurde kurzfristig abgesagt, nachdem Moskau auf der Anerkennung der besetzten Gebiete Donezk und Luhansk bestand. Diese Forderung war für Washington unannehmbar.

Stattdessen kündigte das US-Finanzministerium am 22. Oktober neue Sanktionen gegen russische Energieunternehmen an. Gleichzeitig hob Trump die Beschränkungen für den Einsatz britischer Storm-Shadow-Raketen auf, die nun auch gegen Ziele in Russland eingesetzt werden dürfen.

Diese Maßnahmen zeigen eine klare Strategie: Druck durch Stärke – ohne direkte Konfrontation. Die USA versuchen, Russland durch wirtschaftliche Isolation und gezielte Aufrüstung der Ukraine zu schwächen, ohne selbst militärisch verwickelt zu werden.

Ein fragiler Frieden

Nach fast vier Jahren Krieg ist der Begriff „Frieden“ zu einem politischen Schlagwort geworden. Trump präsentiert sich als „Friedensmacher“, doch seine Politik trägt das Risiko einer unkontrollierbaren Eskalation. Putin hingegen kämpft um seine geopolitische Glaubwürdigkeit – ein Rückzug wäre ein Eingeständnis der Schwäche.

Die Folge ist ein eingefrorener Konflikt, der sich weder militärisch noch diplomatisch schnell lösen lässt. Europas Regierungen – allen voran Deutschland – sehen sich zwischen den Fronten. CDU-Chef Friedrich Merz forderte zuletzt in einer Rede, Europa müsse „die eigene Verteidigungsfähigkeit stärken und sich weniger auf die USA verlassen“ (mehr dazu hier).

Fazit: Ein Krieg ohne Ende in Sicht

Der Ukraine-Krieg 2025 zeigt einmal mehr, dass politische Kurzsichtigkeit und militärische Überheblichkeit gefährliche Partner sind. Weder Russland noch die USA scheinen bereit, echte Kompromisse einzugehen. Und während beide Mächte um Einfluss ringen, zahlt die Ukraine den höchsten Preis.

So wie General Murray einst den Ersten Weltkrieg unterschätzte, könnte auch Trump die Tragweite seiner Entscheidungen unterschätzen. Die Geschichte lehrt: Kriege enden selten dann, wenn die Mächtigen es wollen – sondern erst, wenn sie es müssen.

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein