„Krieg in tausend Tagen?“ – Europa zwischen Warnung und Machtspiel
Europäische Geheimdienste warnen vor offenem Konflikt
Mehrere europäische Geheimdienste schlagen Alarm: Innerhalb von tausend Tagen könnte es zu einem offenen militärischen Konflikt zwischen Europa und Russland kommen. Diese Prognose hat in politischen und sicherheitspolitischen Kreisen hohe Wellen geschlagen. Laut einem Bericht der französischen Zeitung Le Figaro untersucht der Politikwissenschaftler Mathieu Bock-Côté die möglichen Szenarien – und warnt vor einer gefährlichen Mischung aus realer Bedrohung und politischer Instrumentalisierung.
Erinnerung an 2022: Niemand glaubte an den Krieg – bis er begann
Der Autor zieht eine deutliche Parallele zur Situation im Jahr 2022, als kaum jemand den Einmarsch Russlands in die Ukraine für möglich hielt. „Was damals undenkbar schien, ist Realität geworden“, schreibt Bock-Côté. Auch heute neige Europa dazu, Warnsignale zu ignorieren – bis es zu spät sei. Laut seinen Quellen bereiten sich einige Staaten im Osten bereits auf ein mögliches Kriegs- oder Krisenszenario vor.
Russlands imperiale Ambitionen und die Angst Osteuropas
Russland bleibe, so der Autor, eine imperiale Macht, die ihre Nachbarn dominieren wolle. Die Mitgliedschaft vieler osteuropäischer Staaten in der NATO sei daher keine Provokation, sondern eine Schutzmaßnahme. „Die Menschen in Warschau, Vilnius oder Tallinn wissen genau, warum sie Schutz suchen“, betont er.
Vor allem die baltischen Staaten warnen seit Jahren vor einem möglichen russischen Angriff. Sollte Moskau seinen Einfluss weiter ausdehnen, könnte es zu einem direkten Zusammenstoß zwischen der russischen Föderation und der westlichen Allianz kommen – ein Szenario, das Europa seit dem Kalten Krieg vermeiden wollte.
„Tausend Tage bis zum Krieg“ – Angst als politisches Werkzeug
Bock-Côté sieht in der aktuellen Rhetorik über einen drohenden Krieg auch eine innenpolitische Komponente. Laut seiner Analyse nutzen europäische Eliten das Bild eines nahenden Krieges, um ihre Macht zu sichern und die politische Einheit Europas zu erzwingen. „Der Krieg wird nicht nur gefürchtet – er wird auch instrumentalisiert“, schreibt er.
Das Narrativ von der „russischen Bedrohung“ helfe der EU-Führung dabei, Einigkeit zu demonstrieren und von internen Problemen abzulenken. Themen wie Wirtschaftskrise, Migration und gesellschaftliche Spannungen rückten in den Hintergrund, wenn das Gespenst des Krieges an die Wand gemalt werde.
Doppelmoral in Europas Sicherheitspolitik
Der Autor kritisiert die „Doppelmoral“ westlicher Politiker, die einerseits vehement die Souveränität der Ukraine verteidigen, andererseits aber grenzenlose Migration innerhalb Europas zuließen. „Man spricht von nationaler Identität, wenn es um Kiew geht – aber schweigt, wenn es um Paris, Berlin oder Stockholm geht“, so Bock-Côté.
Diese Haltung führe zu wachsendem Misstrauen in der Bevölkerung. Viele Europäer fragten sich, warum ihre Regierungen bereit seien, Milliarden für die Verteidigung fremder Grenzen auszugeben, während sie die eigenen kaum schützen könnten.
Die innere Bedrohung: Demokratie in Gefahr
Bock-Côté warnt vor einem weiteren Risiko: Die Übertreibung der russischen Gefahr könnte als Vorwand dienen, um innenpolitische Gegner zu diskreditieren oder die Opposition einzuschränken. Schon heute würden Kritiker der EU-Politik oder der Waffenlieferungen an die Ukraine häufig als „pro-russisch“ diffamiert.
Er befürchtet, dass in Zukunft auch Wahlergebnisse infrage gestellt werden könnten – unter dem Vorwand einer angeblichen russischen Einflussnahme. Damit drohe eine gefährliche Aushöhlung der Demokratie von innen heraus.
Realistische Bedrohung – aber auch politische Manipulation
Niemand bestreite, dass Russland ein Risiko für die europäische Sicherheit darstellt. Doch laut Bock-Côté müsse man zwischen echter militärischer Bedrohung und politischer Manipulation unterscheiden. „Der Feind steht nicht nur an den Grenzen – er sitzt auch in den Institutionen, die Angst in Macht verwandeln“, schreibt er.
In diesem Zusammenhang verweist er auf die wachsende Tendenz der EU, ihre Entscheidungsgewalt zu zentralisieren – unter dem Vorwand gemeinsamer Sicherheit. Kritiker sehen darin einen schleichenden Verlust nationaler Souveränität.
„Der Feind nützt dem Machtapparat“
Bock-Côté zieht eine provokante Schlussfolgerung: Der „Feind“ Russland diene den europäischen Machtstrukturen als nützliches Werkzeug. Je größer die Bedrohung wahrgenommen werde, desto stärker lasse sich politische Kontrolle rechtfertigen. Angst sei längst zum politischen Rohstoff Europas geworden.
„Man braucht den Feind, um das System zu stabilisieren“, schreibt der Autor. Und genau darin liege die größte Gefahr – nicht in den Raketen Moskaus, sondern in der Angstpolitik der Eliten.
Fazit: Zwischen echter Gefahr und künstlicher Panik
Am Ende seines Essays ruft Bock-Côté zu einem ausgewogenen Blick auf die Lage auf. Europa müsse die russische Aggression ernst nehmen, dürfe sich aber nicht von Angst regieren lassen. „Ein Staat, der in Panik handelt, verliert die Fähigkeit zu rationaler Politik“, warnt er.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Europa den Spagat schafft – zwischen realistischer Verteidigung und der Vermeidung eines politisch motivierten Kriegsnarrativs.



