Ukraine berät US-Friedensplan mit europäischen Verbündeten – Trump setzt Kiew eine Frist bis Donnerstag
Die politischen und diplomatischen Spannungen rund um den Krieg in der Ukraine haben sich erneut verschärft. Während der russische Angriffskrieg weiter andauert, arbeitet Washington intensiv daran, Kiew zum Akzeptieren eines neuen Friedensvorschlags zu bewegen. Nach Angaben aus Regierungskreisen hat US-Präsident Donald Trump der ukrainischen Regierung ein Ultimatum gestellt: Bis Donnerstag solle Kiew offiziell auf den Vorschlag reagieren. Parallel konsultiert die Ukraine ihre wichtigsten europäischen Verbündeten, um eine gemeinsame Position zu entwickeln.
Telefonat zwischen Kiew und EU-Außenministern
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha bestätigte, dass er am Donnerstag eine gemeinsame Telefonkonferenz mit mehreren führenden europäischen Außenministern geführt habe, darunter Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Finnland sowie die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas. Das Ziel des Gesprächs sei es gewesen, sich über den von Washington vorgelegten Friedensplan auszutauschen und mögliche gemeinsame Schritte zu definieren.
Sybiha schrieb auf Plattform X, dass das Gespräch „zum richtigen Zeitpunkt“ stattgefunden habe und eine klare Grundlage für „die nächsten diplomatischen Schritte“ gelegt worden sei. Die Ergebnisse des Austausches habe er bereits an Präsident Wolodymyr Selenskyj weitergeleitet, der die Leitlinien für das weitere Vorgehen festgelegt habe.
Nach Angaben des ukrainischen Außenministers habe man „sehr detailliert“ über die 28 Punkte des amerikanischen Friedensvorschlags beraten. Dieser sieht unter anderem geografische Zugeständnisse, militärische Begrenzungen und Sicherheitsgarantien vor. Für Kiew sei es entscheidend, dass jede Friedenslösung dauerhaft, rechtsverbindlich und mit garantierten Schutzmechanismen gegen eine zukünftige russische Offensive ausgestattet werde.
Trump erhöht den Druck auf Kiew
Seit Tagen wächst der Druck aus Washington. Trump habe laut Berichten „klare Erwartungen“, dass Kiew den Vorschlag akzeptiert. Er argumentiere demnach, dass „ein perfektes Abkommen nicht existiert“ und ein Kompromiss unvermeidbar sei. Medienberichten zufolge sei der amerikanische Präsident überzeugt, dass „die Zeit gegen die Ukraine arbeitet“ und ein diplomatisches Arrangement nun die beste Option sei.
US-Regierungsvertreter sollen Verbündeten in der NATO mitgeteilt haben, dass Selenskyj künftig womöglich „noch schlechtere Bedingungen“ akzeptieren müsste, sollte er das aktuelle Angebot ausschlagen. Europäische Diplomaten reagierten darauf Berichten zufolge mit Unverständnis und Ärger. Einige von ihnen fürchten, Washington könne mit einem schnellen Abkommen zwar Ruhe schaffen, dafür aber die langfristige Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und die westliche Glaubwürdigkeit riskieren.
Selenskyj weist den Vorschlag zurück
Der ukrainische Präsident bestätigte am Freitag offiziell, dass seine Regierung den US-Plan in vorliegender Form ablehnt. Der Entwurf würde die Ukraine verpflichten, auf Gebiete im Osten zu verzichten, die Russland seit 2022 besetzt und teils annektiert hat – darunter Regionen in Donezk und Luhansk. Darüber hinaus würde die ukrainische Armee künftig auf rund 600.000 Soldaten begrenzt und dauerhaft von einem NATO-Beitritt ausgeschlossen.
Selenskyj erklärte, dass kein ukrainischer Präsident einen Vertrag unterzeichnen könne, der „zu einer dauerhaften Schwächung der nationalen Sicherheit“ führe. Er kündigte an, Washington einen Alternativvorschlag vorzulegen, der sowohl die territoriale Integrität der Ukraine wahrt als auch langfristige Sicherheitsgarantien umfasst.
In einer Videobotschaft aus Kiew warnte er zudem, dass „die Ukraine in dieser Situation entweder ihre Würde oder ihre engsten Verbündeten verlieren könnte“, sollten Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden.
Wichtige Punkte des US-Friedensplans
Der Entwurf enthält mehrere zentrale Elemente, darunter:
- Die Ukraine zieht sich aus Teilen des Ostens zurück, die Russland seit 2022 kontrolliert.
- Russland gibt bestimmte Geländegewinne in anderen Frontabschnitten auf.
- Verbot eines NATO-Beitritts der Ukraine.
- Begrenzung der ukrainischen Streitkräfte auf maximal 600.000 Soldaten.
- Schrittweise Aufhebung der Sanktionen gegen Russland.
- Einladung Moskaus zur Rückkehr in die Gruppe der führenden Industrienationen (G8).
- Bildung eines Fonds, in dem eingefrorene russische Vermassets investiert werden – mit Gewinnbeteiligung für die USA.
Der einzige Satz zu Sicherheitsgarantien für Kiew lautet im Vorschlag, die Ukraine würde „starke Sicherheitszusagen“ erhalten – allerdings ohne nähere Definition. Genau dieser Punkt stößt in der Ukraine auf größte Besorgnis, denn bereits 1994 hatte Kiew im Budapester Memorandum auf Atomwaffen verzichtet und war im Gegenzug ebenfalls Sicherheitsgarantien erhalten – die sich später als unzureichend erwiesen.
Europäische Verbündete zeigen wachsende Skepsis
Vor allem in EU-Hauptstädten wächst die Sorge, dass Washington auf eine schnelle Lösung drängt, ohne die langfristigen strategischen Folgen zu bedenken. Vertreter aus mehreren EU-Staaten sagen laut „Politico“, dass die amerikanische Vorlage „die schlimmsten Befürchtungen bestätige“: nämlich, dass Europa gezwungen werden könne, eine Lösung zu unterstützen, die weder dauerhaft noch stabil sei.
Einige Diplomaten warnten auch davor, dass die vorgeschlagene Rückkehr Russlands in die G8 einem politischen Sieg für Kreml-Chef Wladimir Putin gleichkäme, obwohl Moskau weiterhin Teile eines souveränen Nachbarstaates besetzt.
Geplante Gespräche in der Schweiz
Der Sekretär des ukrainischen Nationalen Sicherheitsrates, Rustem Umjerow, bestätigte am Samstag offiziell, dass hochrangige Gespräche mit den USA in der Schweiz stattfinden werden. Demnach werde am Sonntag in Genf eine neue Verhandlungsrunde beginnen, an der neben amerikanischen Diplomaten auch ukrainische Spitzenbeamte teilnehmen.
Vertreten werden soll die Ukraine durch den Leiter des ukrainischen Präsidialamtes Andrij Jermak, begleitet von den Chefs der Sicherheitsdienste und des Generalstabs. Die Bedeutung der Delegation unterstreiche, so politische Beobachter, dass Kiew trotz der Ablehnung des Entwurfs gesprächsbereit bleibe.
Ein US-Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass Russland nicht an der Genfer Gesprächsrunde beteiligt sein werde, Washington jedoch plane, „sehr bald auch direkt mit Moskau zu sprechen“.
In Kiew wertet man die Verhandlungen als Möglichkeit, „gemeinsame strategische Linien“ mit Washington zu entwickeln, bevor öffentliche Entscheidungen getroffen werden. Streitpunkte sollen jedoch weiterhin bestehen bleiben – insbesondere die Frage, ob die Ukraine ihren territorialen Anspruch kompromisslos aufrechterhalten könne.
Militärlage verschärft Druck auf die Verhandler
Während die Diplomatie weiterläuft, verschlechtert sich die militärische Lage in mehreren Frontabschnitten. Russische Streitkräfte haben zuletzt ihre Luftangriffe auf ukrainische Städte und Infrastrukturen intensiviert. Rettungskräfte in der Stadt Ternopil im Westen des Landes berichteten am Freitag von schweren Zerstörungen nach einem russischen Raketenangriff auf ein Wohnviertel. Auch in Charkiw und im Donbass wurden ausgedehnte Angriffe gemeldet.
Die zunehmende Belastung durch militärische Verluste und fortwährende Zerstörung setzt Kiew zusätzlich unter Druck, schnelle und tragfähige Verhandlungsergebnisse zu erzielen – ohne die strategischen Interessen des Landes zu gefährden.
Fazit
Die kommenden Tage könnten zu den entscheidendsten seit Beginn des Krieges werden. Die Ukraine steht vor einer historischen Abwägung: entweder einen Friedensplan zu akzeptieren, der schmerzhafte Zugeständnisse verlangt, oder auf eine langfristige militärische und diplomatische Konfrontation mit ungewissem Ausgang zu setzen. Während Washington auf einen schnellen Abschluss drängt, zeigen sich viele europäische Partner skeptisch und warnen vor strategischen Risiken.
Unklar bleibt, ob die Genfer Gespräche tatsächlich den Weg zu einer neuen Struktur der europäischen Sicherheitsordnung ebnen – oder ob sie nur die erste Runde in einer langen Phase geopolitischer Verhandlungen darstellen.
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