Kreml warnt vor US-Tomahawks – Europa zwischen Unterstützung, Sanktionen und Eskalation
Berlin, 3. Oktober 2025 – Die geopolitische Lage in Europa spitzt sich weiter zu. Der Kreml hat mit scharfen Worten auf Berichte reagiert, wonach die USA erwägen, die Ukraine mit weitreichenden Marschflugkörpern vom Typ „Tomahawk“ auszustatten. Während Moskau vor einer gefährlichen Eskalation warnt, ringt Europa zwischen geschlossener Unterstützung für Kiew und internen Streitigkeiten über den richtigen Kurs. Auf einer Konferenz in Kopenhagen trafen sich in dieser Woche über 50 Staats- und Regierungschefs, um die Frage zu diskutieren, wie Europa seine Verteidigungsfähigkeit stärken und gleichzeitig den Druck auf Russland erhöhen kann.
Die Warnung aus Moskau
Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, erklärte in einem Fernsehinterview, dass die mögliche Lieferung von US-Marschflugkörpern an die Ukraine ein „extrem gefährliches Signal“ sei. Russland werde auf eine solche Entscheidung reagieren müssen. „Sollte Kiew in den Besitz von Waffen gelangen, die in der Lage sind, weit ins russische Territorium vorzudringen, dann wird Moskau gezwungen sein, mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu antworten“, betonte Peskow.
Laut Berichten hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen US-Amtskollegen Donald Trump um die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern gebeten. Zwar lehnte Trump das Ansinnen ab, doch sein Vizepräsident J.D. Vance ließ durchblicken, dass Washington die Option prüfe, solche Waffen an NATO-Partner zu liefern, die sie wiederum an die Ukraine weiterreichen könnten.
Ein neuer Zyklus der Eskalation?
Beobachter warnen, dass ein Einsatz der Tomahawks in der Ukraine die Dynamik des Krieges grundlegend verändern könnte. Die Reichweite dieser Raketen beträgt bis zu 2.500 Kilometer – genug, um tief in russisches Kernland vorzudringen. Damit stünde der gesamte militärische und industrielle Komplex Russlands im Fadenkreuz. Für den Kreml wäre das ein Bruch der bisherigen „roten Linien“, was zu einem dramatischen Gegenschlag führen könnte.
Der russische Politikwissenschaftler Sergej Karaganow betonte in einem Interview, dass die USA mit solchen Schritten bewusst ein Risiko eingehen: „Jede neue Waffenlieferung verschiebt die Grenze des Machbaren. Aber irgendwann gibt es kein Zurück mehr – dann reden wir von einem direkten Konflikt zwischen der NATO und Russland.“
Gefangenenaustausch zwischen Moskau und Kiew
Währenddessen kam es zu einem seltenen Hoffnungsschimmer: Russland und die Ukraine führten einen weiteren groß angelegten Gefangenenaustausch durch. Laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden 185 russische Soldaten zurückgeführt, während Kiew im Gegenzug 185 ukrainische Kriegsgefangene sowie 20 Zivilisten erhielt. Präsident Selenskyj bestätigte den Austausch und würdigte die Rückkehr zahlreicher Kämpfer, die unter anderem in Mariupol und in Tschernobyl im Einsatz gewesen waren.
Trotz der Härte des Krieges gehört der Austausch von Gefangenen und Leichnamen zu den wenigen Bereichen, in denen noch direkte Kontakte zwischen beiden Seiten bestehen. Seit 2022 kam es zu mehreren Runden dieser humanitären Abkommen, die über die Vermittlung internationaler Partner wie der Türkei oder Katar zustande kamen.
Die europäische Dimension – Kopenhagen im Fokus
Parallel zum Schlagabtausch auf militärischer Ebene tagte in Kopenhagen die Europäische Politische Gemeinschaft (EPC). Rund 50 Staats- und Regierungschefs, darunter die Premierministerin Dänemarks, Mette Frederiksen, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der ungarische Premier Viktor Orbán, diskutierten über die strategische Zukunft Europas. Im Zentrum stand die Frage, wie Europa einerseits militärisch unabhängiger werden kann und andererseits seine Unterstützung für die Ukraine verstärken sollte.
Frederiksen betonte in ihrer Rede: „Europa muss stark genug sein, um jeden Angriff unmöglich zu machen. Russland bedroht nicht nur die Ukraine, sondern die gesamte europäische Sicherheit.“
Uneinigkeit in der EU – Orbán gegen den Kurs der Mehrheit
Der ungarische Premier Viktor Orbán stellte sich jedoch entschieden gegen die Vorschläge, die Ukraine noch stärker an die EU heranzuführen und zusätzliche Waffenlieferungen zu finanzieren. Orbán kritisierte: „Diese Politik ist kriegsfördernd. Europa sollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen.“ Seine Haltung brachte ihn erneut in Konfrontation mit führenden EU-Politikern wie Friedrich Merz, der bereits mehrfach eine stärkere Verteidigungsgemeinschaft in Europa gefordert hat.
Macron und das „Geisterflotten“-Problem
Präsident Emmanuel Macron konzentrierte sich auf eine andere Front: den sogenannten „Schattenflotten“ russischer Öltanker, die trotz Sanktionen weiterhin Rohöl exportieren. „Wenn wir diese Strukturen nicht stoppen, finanzieren wir Putins Krieg direkt“, warnte Macron. Er schlug eine enge Zusammenarbeit mit der NATO und willigen EU-Partnern vor, um den Druck auf Moskau zu maximieren.
Die Debatte knüpft an frühere Diskussionen über die Effektivität der EU-Sanktionen gegen Russland an. Während einige Länder für eine Verschärfung eintreten, warnen andere vor den wirtschaftlichen Folgen für Europa selbst.
Zelenskyjs Mahnung – Drohnenkrieg und Luftverteidigung
Präsident Selenskyj nutzte die Bühne in Kopenhagen, um vor den Risiken russischer Drohnenangriffe auch außerhalb der Ukraine zu warnen. „Wenn Russland Drohnen gegen Polen oder Nordeuropa einsetzt, dann ist kein Land sicher“, so Selenskyj. Er forderte den Aufbau einer schnellen und schlagkräftigen europäischen Eingreiftruppe, die mit der Bedrohung durch Drohnen umgehen kann.
US-Geheimdiensthilfe für Kiew
Berichten der „Wall Street Journal“ zufolge wollen die USA der Ukraine künftig erweiterte Geheimdienstinformationen zur Verfügung stellen, um Angriffe auf russische Energieinfrastruktur zu ermöglichen. Damit könnten ukrainische Streitkräfte gezielt Raffinerien, Pipelines und Stromanlagen ins Visier nehmen – ein Schritt, der die Einnahmen Moskaus aus Öl und Gas empfindlich treffen würde.
Ein solcher Kurswechsel Washingtons markiert eine weitere Verschiebung in der bisherigen Zurückhaltung: Bislang hatte die US-Regierung stets vermieden, Kiew direkte Unterstützung für Angriffe auf russischem Territorium zu geben. Nun jedoch scheint die Eskalationsschwelle zu sinken.
Fazit – Europa zwischen Solidarität und Spaltung
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wie komplex die geopolitische Lage im Herbst 2025 ist. Einerseits wird die militärische Unterstützung für die Ukraine verstärkt, andererseits wächst die Sorge vor einer unkontrollierbaren Eskalation. Die Warnungen aus Moskau sind unmissverständlich, doch auch in Europa gibt es keine einheitliche Linie. Zwischen den Forderungen nach mehr Härte, etwa durch verstärkte Sanktionen gegen Russland, und dem Drängen auf diplomatische Lösungen wird die politische Landschaft immer tiefer gespalten.
Ob die Lieferung von Tomahawks tatsächlich Realität wird, ist derzeit unklar. Doch schon die Diskussion darüber hat Europa vor Augen geführt, wie dünn der Grat zwischen Unterstützung und Kriegsbeteiligung geworden ist. Für Kiew geht es ums Überleben, für Moskau ums Prestige – und für Europa um die eigene Sicherheit.



