Merz kontert Trump: Europa fordert strategische Selbstständigkeit

In einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen hat Bundeskanzler Friedrich Merz die jüngsten Angriffe des US-Präsidenten Donald Trump auf die europäische Migrationspolitik entschieden zurückgewiesen. Während Washington erneut auf Konfrontation geht, rückt Europa näher zusammen – allen voran Berlin und Paris.

Merz stellt klar: Deutschlands Kurs ist eigenständig

Bei einem Treffen mit dem kroatischen Premierminister Andrej Plenković in Berlin betonte Merz, dass Deutschland sich von Trumps pauschaler Kritik an der europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik nicht beeindrucken lasse. Er erklärte, dass die Bundesregierung in den vergangenen Monaten eine umfassende Neuausrichtung vorgenommen habe – mit messbaren Ergebnissen.

„Wir haben die Zahl der Asylbewerber in Deutschland nahezu halbiert“, sagte Merz. Dies sei ein deutlicher Beleg dafür, dass Berlin auf seinem Weg vorangekommen sei. Gleichzeitig wolle er dem US-Präsidenten vermitteln, dass Deutschland seinen Kurs selbstbestimmt festlegt und nicht aufgrund von Druck aus Übersee.

Diese Position bildet einen Kontrast zu Trumps jüngsten Äußerungen, in denen er Europa als „nicht funktionsfähig“ bezeichnete und vor einem angeblichen Zusammenbruch aufgrund der Migration warnte. Merz reagierte darauf gelassen: Deutschland, so betonte er, bleibe ein verlässlicher Partner der USA – vorausgesetzt, Washington betrachte Europa weiterhin als gleichwertigen Akteur.

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Friedrich Merz – Neue Aussagen zur Migration 2025

Trump eskaliert – und sucht neue Verbündete in Europa

In einem Interview mit „Politico“ verschärfte Trump seinen Ton gegenüber europäischen Regierungen. Obwohl er mit der „aktuellen Besetzung“ der politischen Spitzen angeblich zufrieden sei, erklärte er, viele von ihnen seien „nicht kompetent genug“. Vor allem die europäische Flüchtlingspolitik sei ein Fehler, der zahlreiche Staaten „unbewohnbar“ machen werde.

Lediglich zwei Länder lobte Trump ausdrücklich: Ungarn und Polen – Regierungen, die für ihre harte Linie in Migrationsfragen bekannt sind. Damit setzt Trump erneut ein politisches Signal in Richtung jener Kräfte in Europa, die auf nationale Abschottung setzen.

AfD sucht Schulterschluss mit Republikanern

Vor diesem Hintergrund sorgt eine weitere Entwicklung für Aufsehen: Rund 20 Abgeordnete der AfD reisen in die USA, um Gespräche mit Vertretern der Republikanischen Partei zu führen. Der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmaier bezeichnete die Reise als Teil einer „internationalen konservativen Erneuerungsbewegung“ zwischen Europa und Nordamerika.

Die Delegation soll nicht nur republikanische Politiker treffen, sondern auch neue strategische Partnerschaften aufbauen – insbesondere im Bereich Migration, nationale Souveränität und Sicherheitspolitik.

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AfD-Eklat: Weidel und der Stasi-Vergleich

Paris warnt: Europa muss unabhängiger werden

Frankreich reagierte deutlich auf die neue US-Strategie, in der Washington Europa eine „zivilisatorische Erosion“ attestiert und den Fokus künftig auf den amerikanischen Kontinent legen will. Außenminister Jean-Noël Barrot rief die EU dazu auf, die Bemühungen um „strategische Autonomie“ massiv zu beschleunigen.

„Europa darf weder abhängig noch machtlos sein“, sagte Barrot vor der Nationalversammlung in Paris. Die neue US-Strategie bestätige, dass der Kontinent seine Interessen klarer definieren müsse. Seit Jahren betont Frankreich, dass Europa auf sicherheitspolitischer Ebene eigenständiger werden sollte – nun sei der Moment gekommen, diese Worte in konkrete Schritte umzusetzen.

→ Hintergrund zu europäischer Asyl- und Sicherheitspolitik:
EU-Solidarität 2026 – Deutschlands neue Asylstrategie

Analyse: Ein Wendepunkt für das transatlantische Verhältnis

Die Auseinandersetzung zwischen Merz und Trump markiert mehr als nur einen diplomatischen Schlagabtausch. Sie spiegelt ein grundlegendes Spannungsfeld wider: Europa zwischen strategischer Abhängigkeit und dem Drang nach Unabhängigkeit. Berlin und Paris signalisieren zunehmend, dass sie bereit sind, ihre geopolitische Rolle neu zu definieren – auch wenn dies die Zusammenarbeit mit den USA komplizierter gestalten könnte.

Vor allem die Frage, wie Europa seine Migrations- und Sicherheitspolitik künftig gestaltet, wird entscheidend dafür sein, ob der Kontinent tatsächlich unabhängiger handeln kann oder weiterhin zwischen Washington und globalen Krisen hin- und hergerissen bleibt.

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