Frankreich und die NATO erhöhen den Druck auf Russland – neue Waffenlieferungen an die Ukraine und geopolitische Spannungen

Während der Krieg in der Ukraine in sein viertes Jahr geht, verdichten sich die Zeichen für eine neue Phase des Konflikts. Frankreich kündigte an, in den kommenden Tagen moderne Kampfflugzeuge vom Typ Mirage 2000 sowie Aster-Raketen an die Ukraine zu liefern. Gleichzeitig ruft die NATO zu einer verstärkten Unterstützung Kyjiws auf. Experten sehen darin nicht nur ein militärisches, sondern auch ein geopolitisches Signal: Der Westen will zeigen, dass Moskau militärisch und wirtschaftlich zunehmend unter Druck steht.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekräftigte in einer Videobotschaft beim Treffen der sogenannten „Koalition der Willigen“ in London, dass Paris bereit sei, der Ukraine weiterhin substanzielle militärische Hilfe zu leisten. „Wir werden in den kommenden Tagen zusätzliche Aster-Raketen, neue Trainingsprogramme und Mirage-2000-Kampfflugzeuge bereitstellen“, erklärte Macron. Diese Ankündigung gilt als die bisher deutlichste militärische Zusage Frankreichs seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022.

„Koalition der Willigen“ will Russland wirtschaftlich und militärisch schwächen

Das Londoner Treffen brachte Vertreter von über zwanzig europäischen Staaten zusammen, darunter Großbritannien, Dänemark, die Niederlande und Frankreich, sowie den NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Ziel war es, Strategien zu entwickeln, um den Druck auf Russland zu erhöhen und gleichzeitig die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken.

Rutte erklärte nach dem Treffen: „Putins Geld, seine Truppen und seine Ideen gehen zur Neige – jetzt ist der richtige Zeitpunkt, den Druck zu erhöhen.“ Die Worte spiegeln eine wachsende Überzeugung innerhalb der NATO wider, dass Russland zunehmend an finanziellen, logistischen und technologischen Grenzen stößt. Besonders die jüngsten US-Sanktionen gegen große russische Ölkonzerne könnten die Kriegskasse des Kremls empfindlich treffen.

Premierminister Keir Starmer forderte zudem, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte in Europa zur Finanzierung der ukrainischen Verteidigung zu nutzen – ein Schritt, der völkerrechtlich umstritten, politisch aber höchst symbolisch wäre. Die britische Regierung betonte, dass „die Zeit gekommen ist, Putins Kriegsmaschinerie direkt zu schwächen“.

Ein geopolitisches Signal an Moskau

Beobachter sehen in der jüngsten Initiative nicht nur eine militärische, sondern auch eine psychologische Offensive gegen Moskau. Der Westen will deutlich machen, dass seine Unterstützung für Kyjiw langfristig angelegt ist – unabhängig von innenpolitischen Spannungen oder bevorstehenden Wahlen in den USA.

Die Bereitstellung von Mirage-2000-Jets und Aster-Raketen markiert einen qualitativen Sprung. Beide Systeme gelten als hochpräzise und sind für die ukrainischen Streitkräfte ein entscheidender Zugewinn in der Luftverteidigung. Vor allem die Aster-Raketen, die von Frankreich und Italien gemeinsam entwickelt wurden, können sowohl feindliche Drohnen als auch ballistische Raketen abfangen – eine Fähigkeit, die für den Schutz kritischer Infrastruktur in Kyjiw, Dnipro oder Odessa von zentraler Bedeutung ist.

Ein weiterer Aspekt betrifft den Einsatz westlicher Technologie gegen russische Offensiven im Schwarzen Meer. Nach Angaben des französischen Verteidigungsministeriums sollen ukrainische Piloten bereits seit Monaten in Südfrankreich für den Einsatz der Mirage ausgebildet werden. Damit schließt sich eine Lücke, die durch den Mangel an F-16-Flugzeugen entstanden war, deren Lieferung sich durch politische und logistische Hürden verzögert.

Russlands Reaktion: scharfe Warnungen und militärische Vergeltungsdrohungen

Der Kreml reagierte erwartungsgemäß empört. Regierungssprecher Dmitri Peskow sprach von einer „provokativen Eskalation“, die Russland „nicht unbeantwortet lassen“ werde. Präsident Wladimir Putin kündigte eine „vernichtende Antwort“ auf jede Attacke mit westlichen Langstreckenwaffen gegen russisches Territorium an.

Gleichzeitig intensivierte Moskau in den letzten Tagen seine Raketen- und Drohnenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt. In der Nacht auf Samstag wurden mehrere Stadtteile Kyjiws getroffen, wobei laut Bürgermeister Witalij Klitschko mindestens ein Mensch getötet und zehn weitere verletzt wurden. In den Bezirken Desnjanskyj und Darnyzkyj kam es zu großflächigen Bränden in Industriegebieten.

Auch im russischen Grenzgebiet Belgorod kam es zu Zwischenfällen: Laut Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow soll die Ukraine einen Damm beschossen haben, was zu Schäden und Überflutungsgefahr führte. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, zivile Ziele anzugreifen – ein Muster, das sich in den letzten Monaten zunehmend verfestigt hat.

Macron und Zelenskyj: gemeinsame Front für Verhandlungen aus einer Position der Stärke

Macron betonte in seiner Ansprache, dass die militärische Unterstützung der Ukraine letztlich den Zweck habe, Russland zu ernsthaften Friedensverhandlungen zu zwingen. Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederum erklärte in London, dass „Russland nur dann verhandeln wird, wenn es militärisch und wirtschaftlich an seine Grenzen stößt“.

Selenskyj forderte erneut die Lieferung von Langstreckenraketen und modernen Luftabwehrsystemen, insbesondere Patriot-Systemen aus Europa. „Es gibt bereits betriebsbereite Patriot-Einheiten in Europa – sie könnten sofort eingesetzt werden, um Leben zu retten“, sagte der ukrainische Präsident. Er lobte die Bereitschaft der europäischen Partner, gemeinsam gegen russische Energieunternehmen vorzugehen, die laut ihm „die Kriegsmaschinerie Putins“ finanzieren.

Der wirtschaftliche Druck wächst – aber reicht er aus?

Wirtschaftsexperten sind sich uneinig, ob die Sanktionen und militärische Unterstützung den gewünschten Effekt haben. Während einige Analysten betonen, dass Russlands Industrieproduktion unter den Exportbeschränkungen erheblich leidet, verweisen andere auf neue Handelswege über China, Indien und den Nahen Osten, die Moskau helfen, Verluste auszugleichen.

Dennoch zeigen Berichte des IWF, dass Russlands Devisenreserven im Jahr 2025 deutlich gesunken sind. Die Inflation liegt bei über 12 %, während die Rüstungsproduktion enorme Ressourcen bindet. „Russland kann diesen Krieg langfristig nicht finanzieren, ohne seine Bevölkerung massiv zu belasten“, erklärt die Moskauer Ökonomin Jelena Kossakowa. Gleichzeitig bleibt die öffentliche Unterstützung für Putin dank strenger Medienkontrolle und patriotischer Propaganda stabil.

Ein Blick hinter die Kulissen der NATO-Strategie

In internen NATO-Kreisen wird zunehmend darüber diskutiert, wie weit der Westen bereit ist zu gehen. Eine anonyme Quelle aus dem deutschen Verteidigungsministerium erklärte, dass die Allianz „nicht den Fehler wiederholen will, den Russland bei der Entwicklung des Systems Harmony begangen hat – also westliche Technologie zu unterschätzen“. Damit wird auf den jüngsten Skandal um russische Spionage in der Arktis angespielt, bei dem Moskau westliche Technik illegal zur Überwachung seiner Atom-U-Boote nutzte.

Der Verweis zeigt: Die NATO sieht sich nicht nur militärisch, sondern auch technologisch in einem langfristigen Rüstungswettlauf mit Russland. Der Ausbau der Verteidigungskooperation mit der Ukraine ist somit Teil einer umfassenderen Strategie, Moskaus globalen Einfluss einzudämmen.

Fazit: Ein Wendepunkt im europäischen Sicherheitsgefüge

Die Entscheidungen, die in London getroffen wurden, markieren einen möglichen Wendepunkt in Europas Sicherheitspolitik. Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges scheint der Westen geschlossen, entschlossen und strategisch koordiniert zu handeln. Die Lieferung moderner Waffensysteme, kombiniert mit wirtschaftlichen Sanktionen und diplomatischem Druck, soll Russland in die Isolation treiben – und gleichzeitig der Ukraine den Weg zu stabilen Verhandlungen ebnen.

Doch der Preis ist hoch: Europa riskiert eine weitere Eskalation mit einer Atommacht, deren Führung keine Anzeichen von Nachgiebigkeit zeigt. Zwischen Abschreckung und Eskalation bleibt nur ein schmaler Grat – und die Hoffnung, dass Vernunft am Ende stärker ist als Raketen.


Lesen Sie auch:

3 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein