Wer tötete Yasser Abu Shabab? Drei zentrale Hypothesen

Am 4. Dezember 2025 berichteten Medien über die Ermordung von Yasser Abu Shabab, dem Anführer einer bewaffneten Miliz im Osten von Rafah im Gazastreifen. Analysten und Journalisten diskutieren intensiv über die Hintergründe und den möglichen Täterkreis. Der politische Analyst Wissam Afif sieht in der Eliminierung Abu Shababs einen schweren Schlag für die israelischen Sicherheitskräfte, insbesondere den Inlandsgeheimdienst Shabak, der die Milizgruppen gegründet und unterstützt hatte.

Zwei gegensätzliche israelische Berichte

Walid Al-Omari, Leiter des Büros von Al Jazeera in Palästina, erklärt, dass in der israelischen Presse zwei unterschiedliche Versionen kursieren: Die eine besagt, dass Abu Shabab in einem internen Schusswechsel in Rafah getötet wurde. Die andere, basierend auf israelischen Sicherheitsquellen, berichtet, dass ein Kämpfer der Hamas einen Hinterhalt auf Abu Shabab, seinen Stellvertreter Ghassan Al-Dahini und weitere Mitglieder gelegt habe.

Die israelische Channel 14 meldete den Tod Abu Shababs, dessen Name während des Krieges in Gaza häufig auftauchte, da seine Miliz eng mit der israelischen Armee zusammenarbeitete und Kontrolle über bestimmte Gebiete im Gazastreifen ausübte. Afif betont, dass bislang alle offiziellen Meldungen aus der hebräischen Medienlandschaft stammen, während die Identität der ausführenden Partei weiterhin unklar bleibt.

Hypothese 1: Palästinensischer Widerstand

Die primäre Annahme ist, dass der palästinensische Widerstand hinter dem Mord steckt, da diese kollaborierenden Gruppen ein direktes Ziel darstellen, sowohl im nördlichen als auch im südlichen Gazastreifen. Trotz der offensichtlichen Motivation hat der Widerstand bislang keine Verantwortung für die Operation übernommen, was Fragen über die Ausführung und den Ort des Angriffs aufwirft.

Analysten hinterfragen die Fähigkeit des Widerstands, in ein als sicher geltendes Gebiet vorzudringen. Abu Shabab und seine Gruppe operierten innerhalb der sogenannten „gelben Linie“ unter direkter Kontrolle der israelischen Besatzung, geschützt durch ein umfassendes Überwachungs- und Drohnensystem.

Hypothese 2: Interne Milizkonflikte

Eine zweite Möglichkeit ist, dass Abu Shabab während eines Einsatzes seiner eigenen Miliz getötet wurde. In den letzten Tagen gab es Berichte über Milizenaktivitäten, bei denen Mitglieder des Widerstands in Rafah verfolgt wurden. Die Miliz fungierte dabei als erste Linie für die israelische Armee, die Informationen über palästinensische Widerstandskämpfer gewinnen wollte. Dies deutet darauf hin, dass Mitglieder der Miliz möglicherweise als „Opfer“ in gefährlichen Operationen fungierten.

Hypothese 3: Interne Säuberungen innerhalb der Miliz

Afif nennt eine dritte Hypothese: mögliche interne Säuberungen innerhalb der Miliz zur Neustrukturierung der Führungsriege. Diese Möglichkeit bleibt bestehen, solange der Widerstand nicht offiziell die Verantwortung übernimmt. Der Analyst weist darauf hin, dass Abu Shababs Gruppe in der palästinensischen Gesellschaft weithin geächtet ist und keine soziale Basis besitzt.

Die Frage nach dem Schicksal von Ghassan Al-Dahini, dem Stellvertreter Abu Shababs und strategischem Kopf der Miliz, bleibt offen. Auch er spielte eine zentrale Rolle in der Koordination mit den israelischen Besatzern.

Wer war Yasser Abu Shabab?

Yasser Abu Shabab wurde 1990 in Rafah, Südgazastreifen, geboren und gehörte dem Tribe der Tarabin an. Vor dem 7. Oktober 2023 war er wegen krimineller Aktivitäten inhaftiert und nach einem israelischen Angriff auf Sicherheitsbüros freigelassen. Seinen Namen machte er bekannt, nachdem die Brigaden Al-Qassam, der militärische Flügel der Hamas, im Mai 2025 eine Gruppe „arabischer Agenten“ im Osten Rafahs angriffen, die direkt Abu Shababs Miliz zugeordnet wurde.

Verbindungen zur Familie und Miliz

Abu Shabab versuchte, seine tribal Zugehörigkeit für sozialen Rückhalt zu nutzen, scheiterte jedoch, da die Ältesten seines Tribes ihn öffentlich distanzierten. Sie betonten, dass die Tarabin viele Märtyrer für die palästinensische Sache gestellt haben und keinen Verräter unterstützen würden.

Stellung innerhalb der Miliz

Ghassan Al-Dahini, Abu Shababs Stellvertreter, war verantwortlich für die Milizkoordination und veröffentlichte öffentlich Bilder, die Schusswaffengebrauch in besetzten Gebieten zeigten. Sicherheitsquellen berichten, dass er früher für die Organisation „Islamische Armee“ tätig war und später wegen moralischer Vergehen ausgeschlossen wurde. Auch sein Bruder Walid war in Haft, was die enge Verknüpfung der Familie mit Milizaktivitäten zeigt.

Israelische Intervention und Medienberichte

Die Zeitung Maariv berichtete, dass der Shabak Abu Shabab rekrutierte und ausrüstete, um ein Pilotprojekt zu testen, wie eine pro-israelische Miliz innerhalb Rafahs agieren könnte. Der Beginn der Rekrutierung datiert auf Ende 2024, als die Miliz in vom israelischen Militär kontrollierte Gebiete südöstlich von Rafah gebracht wurde. Die Gruppe erhielt Waffen und wurde angewiesen, Konvois vom Karm Abu Salem Grenzübergang zu blockieren.

Die Miliz nannte sich zunächst „Antiterror-Einheit“ und änderte ihren Namen am 10. Mai 2025 in „Volkskräfte“. Die israelische Armee hatte Vorbehalte gegen die Schaffung kollaborierender Milizen, da die Erfahrung aus Südlibanon gezeigt hatte, dass deren Schicksal häufig gewaltsam endet.

Verwirrung um Todesumstände

Die Berichte über Abu Shababs Tod sind widersprüchlich: Einige Medien berichten, dass er von eigenen Leuten getötet wurde, andere behaupten, er sei in einem Hinterhalt südlich Rafahs ums Leben gekommen. Laut Channel 12 starb er im Soroka Krankenhaus an innerfamiliären Konflikten. Die israelische Channel 7 widersprach dieser Version und betonte, dass Abu Shabab nicht ins Krankenhaus gebracht wurde.

Reaktionen in Israel

Israelische Medien kritisierten das Scheitern der pro-israelischen Milizenpolitik. Analyst Avi Ashkenazi bemerkte, dass die israelische Armee die Miliz nicht schützen konnte, was der Hamas in der Propaganda zugutekam. Die Army Radio bezeichnete den Tod Abu Shababs als „negatives Ereignis für Israel“. Der Channel 13 Kommentator Tsvi Hezkeli erklärte, dass taktische Nutzung von Milizen kurzfristig nützlich sei, jedoch keine langfristige Stabilität bringe.

Palästinensische Reaktionen

Die palästinensische Sicherheitskraft „Radea“ veröffentlichte Bilder von Abu Shabab mit dem Kommentar: „Wie wir sagten, Israel wird dich nicht schützen.“ In Gaza feierten Menschen seinen Tod, verteilten Süßigkeiten und feuerten Schüsse in der Luft ab. Die Miliz selbst soll laut israelischen Medien eine Nachfolgeplanung erhalten haben, doch ihre langfristige Rolle bleibt unklar.

Fazit

Yasser Abu Shabab, der 1990 in Rafah geboren wurde, war eine zentral gesteuerte Figur kollaborierender Milizen im Gazastreifen. Sein Tod könnte durch palästinensischen Widerstand, interne Milizkonflikte oder familiäre Machtkämpfe verursacht worden sein. Trotz vieler Berichte bleibt die endgültige Aufklärung offen, während sowohl Israel als auch die lokale Bevölkerung die Auswirkungen dieses Vorfalls intensiv beobachten.


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