Ukraine setzt neue Maßstäbe im Seekrieg

Die Ukraine hat am Montag eine Operation gemeldet, die weltweit für Aufsehen sorgt: Erstmals soll es gelungen sein, ein russisches U-Boot mit Marschflugkörpern durch eine unbemannte Unterwasserdrohne außer Gefecht zu setzen. Das betroffene Boot lag demnach in einem Schwarzmeerhafen vor Anker – ein Szenario, das bislang als kaum angreifbar galt.

Französische Medien sprechen von einer „maritimen Zäsur“

Die französische Zeitung Le Point bezeichnete den Vorfall als „donnernde Überraschung“. Nach ihren Angaben sollen ferngesteuerte ukrainische Unterwassersysteme eine rund 2.300 Tonnen schwere russische U-Boot-Plattform attackiert haben, die mit Kalibr-Marschflugkörpern ausgerüstet war.

Sollte sich diese Darstellung bestätigen, wäre dies ein weiterer schwerer Imageschaden für die russische Marine – nach dem Untergang des Flaggschiffs Moskva im Jahr 2022 ein erneuter symbolischer Schlag mit hoher militärischer und politischer Signalwirkung.

Angriff in Noworossijsk mit ukrainischer Hightech

Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU berichtete, kamen bei der Operation Unterwasserdrohnen des Typs „Sub Sea Baby“ zum Einsatz. Ziel war ein U-Boot im Hafen von Noworossijsk, wohin Russland zuvor zahlreiche Einheiten seiner Schwarzmeerflotte verlegt hatte, um sie vor ukrainischen Angriffen zu schützen.

Der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Oleksandr Kamyschin, erklärte auf der Plattform X, es handle sich um den ersten bekannten Fall in der Militärgeschichte, in dem eine Unterwasserdrohne erfolgreich ein U-Boot kampfunfähig gemacht habe.

Russland widerspricht Darstellung entschieden

Die russische Schwarzmeerflotte wies diese Angaben jedoch umgehend zurück. Staatliche russische Medien zitierten Marinevertreter mit der Aussage, weder Schiffe noch U-Boote in der Bucht von Noworossijsk seien beschädigt worden. Alle Einheiten würden ihre Einsätze „planmäßig und ohne Einschränkungen“ fortsetzen.

Signalwirkung mitten in heiklen Friedensgesprächen

Der Zeitpunkt der Operation ist brisant. Sie fällt in eine Phase sensibler Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand, die unter Vermittlung der USA geführt werden. In Kiew wächst die Sorge, westlicher Druck könnte zu Zugeständnissen gegenüber Moskau führen, die viele Ukrainer als faktische Kapitulation empfinden würden.

Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Ukraine, ihre militärische Handlungsfähigkeit zu demonstrieren – insbesondere auf See, wo Russland bislang als klar überlegen galt. Aussagen des früheren US-Präsidenten Donald Trump, Selenskyj verfüge in den Verhandlungen nicht über die „starken Karten“, haben diesen Druck zusätzlich verstärkt.

„Ein Wendepunkt im maritimen Denken“

Der Sprecher der ukrainischen Marine, Dmytro Pletenchuk, sprach von einem Meilenstein. Ein U-Boot sei „das schwierigste Ziel überhaupt“, so Pletenchuk gegenüber Reuters. Der Einsatz markiere eine neue Phase der Seekriegsführung und verändere grundlegend die Wahrnehmung dessen, was technologisch möglich sei.

Nach Einschätzung von Le Point verfolgt Kiew mit der kombinierten Nutzung von See- und Unterwasserdrohnen das Ziel, russischen Zugang zu strategischen Seegebieten zu blockieren und die eigene Küste gegen Langstreckenangriffe der russischen Marine abzusichern.

Symbolik größer als der militärische Effekt

Auch wenn der tatsächliche militärische Schaden begrenzt bleiben sollte, ist die symbolische Bedeutung enorm. Die russische Marine gilt als Speerspitze der Streitkräfte und genießt im Vergleich zu anderen Truppenteilen eine überdurchschnittliche Finanzierung.

Ein erfolgreicher Angriff auf ein russisches U-Boot würde daher nicht nur eine taktische, sondern vor allem eine psychologische Wirkung entfalten – sowohl auf die russische Öffentlichkeit als auch auf internationale Beobachter.

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