Putin und Lawrow: Bleibt der Außenminister im Amt?

Nach einer zweiwöchigen Abwesenheit ist Russlands Außenminister Sergej Lawrow wieder öffentlich aufgetreten. Sein Fernbleiben bei wichtigen diplomatischen Treffen und die Entscheidung, einen anderen Vertreter für den bevorstehenden G20-Gipfel zu entsenden, haben Spekulationen über seinen Status im Kreml entfacht. Beobachter fragen sich, ob Präsident Wladimir Putin den langjährigen Außenminister weiterhin stützt oder ob sich ein Machtwechsel im Hintergrund anbahnt.

Die Abwesenheit von Lawrow und ihre Bedeutung

Lawrow, 75 Jahre alt, ist eine zentrale Figur der russischen Außenpolitik. Seit seinem Eintritt in den diplomatischen Dienst 1972 hat er fast fünf Jahrzehnte Erfahrung gesammelt, seit 2004 ist er Außenminister. In westlichen Medien wird er häufig als „General“ bezeichnet, eine Anspielung auf seine strategische Bedeutung und lange Amtszeit.

Sein Fernbleiben bei einem Treffen des russischen Sicherheitsrats und die fehlende Teilnahme an der Vorbereitung des G20-Gipfels in Südafrika sorgten für Aufsehen. Normalerweise vertritt Lawrow Russland bei solchen Gipfeln selbst. Darüber hinaus veröffentlichte das Außenministerium für zwei Wochen keine offiziellen Termine oder Reisepläne des Ministers, was von der üblichen Transparenz abweicht und Spekulationen nährte.

Medienberichte und Spekulationen

Einige internationale Medien verknüpften Lawrows Abwesenheit mit dem gescheiterten Budapest-Gipfel zwischen Präsident Trump und Putin. Laut Financial Times hatte Washington das Treffen abgesagt, nachdem Moskau seine harten Bedingungen in Bezug auf die Ukraine bekräftigte. Das Telefonat zwischen Lawrow und seinem US-Kollegen Marco Rubio am 20. Oktober trug maßgeblich zur Entscheidung Washingtons bei, das Treffen abzusagen.

Französische Medien, darunter Le Parisien, interpretierten Lawrows Fehlen als mögliche Frustration des Kremls über das Scheitern der Verhandlungen. Experten wie der frühere französische Botschafter in Russland, Jean de Gliniasti, betonen jedoch, dass Putin selten bereit ist, einen so loyalen Minister wie Lawrow fallen zu lassen. Dennoch zeigen interne Analysen, dass Lawrows Einfluss leicht geschwächt sein könnte, insbesondere durch das Auftreten neuer Akteure, die einige seiner Aufgaben übernehmen.

Lawrows eigene Stellungnahme

Lawrow selbst wies Vorwürfe, das Scheitern des Budapest-Gipfels habe etwas mit ihm zu tun, zurück. Laut Berichten der russischen Nachrichtenagentur TASS beschuldigte er britische Medien, insbesondere die Financial Times, der gezielten Desinformation über Russland. Er erklärte, dass die erwähnte Notiz lediglich ein informelles Dokument über die Ergebnisse des Alaska-Gipfels war und nicht die Ursache für die Absage des Budapest-Treffens. Lawrow betonte, dass Präsident Putin positiv auf Trumps Vorschlag reagiert habe und das Außenministerium mit den Vorbereitungen des Treffens beauftragt worden sei.

Neue Akteure im diplomatischen Feld

In jüngster Zeit übernehmen Persönlichkeiten wie Kirill Dmitriev, Leiter des russischen Staatsfonds und enger Vertrauter von Putins Familie, Aufgaben, die traditionell Lawrow obliegen. Dmitriev führt direkte Gespräche mit US-Vertretern, was teilweise als Einschränkung von Lawrows Einfluss gedeutet wird. Beobachter sehen darin ein vorsichtiges Umlenken von Verantwortung im Kreml.

Spannungen zwischen Lawrow und Dmitriev wurden in der Vergangenheit öffentlich, zum Beispiel während der Gespräche in Riad, als Lawrow versuchte, Dmitriev von einem Sitzplatz zu entfernen. Letztlich griff Putin ein, um die Einheit der Delegation zu gewährleisten. Solche Vorfälle verdeutlichen die Komplexität interner Machtstrukturen und die Herausforderung für Lawrow, seine Position zu behaupten.

Interne Kreml-Analysen und mögliche Szenarien

Einige ehemalige Diplomaten, darunter Boris Bondarjew, weisen darauf hin, dass Lawrow weiß, wie er sich im Einklang mit Putins Positionen äußern muss. Dennoch könnten Fehler in der Kommunikation mit US-Vertretern dazu führen, dass seine diplomatische Autorität infrage gestellt wird. Bondarjew ergänzt, dass im russischen System oft der Minister für die Absage oder das Scheitern verantwortlich gemacht wird, während der Präsident seine Unfehlbarkeit wahrt.

Dennoch gibt es Anzeichen, dass Putin Lawrow weiterhin stützt, insbesondere angesichts seiner langjährigen Loyalität und Expertise. Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte bei einer Pressekonferenz Anfang November, dass es keinerlei Konflikte zwischen Putin und Lawrow gibt. „Es gibt nichts Wahres an diesen Berichten“, sagte Peskow.

Auswirkungen auf die russische Außenpolitik

Die derzeitige Situation hat weitreichende Implikationen. Lawrows vorübergehendes Zurücktreten aus dem öffentlichen Rampenlicht könnte die Dynamik der russischen Diplomatie beeinflussen. Gleichzeitig zeigt die Einbindung neuer Akteure wie Dmitriev, dass Putin die strategische Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt. Beobachter vermuten, dass dies langfristig die Effizienz der Außenpolitik verbessern könnte, während kurzfristig Unsicherheit und Spekulationen über interne Machtkämpfe zunehmen.

Fazit

Die Abwesenheit von Sergej Lawrow und das Auftreten neuer Figuren wie Kirill Dmitriev verdeutlichen die Feinheiten der Machtbalance im Kreml. Während internationale Medien Spekulationen über eine mögliche Ablösung verbreiten, bestätigen offizielle Quellen, dass Lawrow weiterhin das Vertrauen von Präsident Putin genießt. Ob dies langfristig Bestand hat, hängt von seiner Fähigkeit ab, diplomatische Aufgaben effizient zu erfüllen und sich gleichzeitig in einem zunehmend komplexen Umfeld innerhalb der russischen Führung zu behaupten.

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