Deutschland: Tausende demonstrieren gegen umstrittene Aussagen von Friedrich Merz zur Migration
In mehreren deutschen Städten kommt es am Wochenende zu Demonstrationen gegen die jüngsten Äußerungen des Bundeskanzlers Friedrich Merz über das Stadtbild im Zusammenhang mit Migration. Laut Polizeiangaben werden bis zu 5.000 Teilnehmer in verschiedenen Städten erwartet.
In Hamburg startet am Samstag um 13 Uhr eine Großkundgebung unter dem Motto „Für Respekt und Vielfalt“. Parallel dazu sind Proteste in Magdeburg und Nürnberg angekündigt, an denen jeweils mehrere Hundert Menschen teilnehmen wollen. Die Organisatoren betonen, dass sie ein Zeichen gegen „Spaltung und diskriminierende Sprache“ setzen möchten.
Hintergrund der Kontroverse
Auslöser der Proteste war eine Aussage von Friedrich Merz aus der vergangenen Woche. Er erklärte, die Bundesregierung arbeite daran, die Fehler früherer Migrationspolitik zu korrigieren, fügte aber hinzu: „Wir haben natürlich weiterhin dieses Problem mit dem Erscheinungsbild unserer Städte.“ Er verwies in diesem Zusammenhang auf verstärkte Abschiebungen, die das Innenministerium derzeit umsetzt.
Die Worte lösten scharfe Kritik aus – sowohl aus der Opposition als auch aus den Reihen der Regierungskoalition. Vertreter der SPD und der Grünen warnten vor einer „spaltenden Rhetorik“, die das gesellschaftliche Klima vergifte. Auch der stellvertretende Kanzler mahnte Merz, bei Migrationsfragen „verantwortungsvoll zu formulieren“.
Reaktionen und Einordnung
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl bezeichnete die Äußerungen als „inakzeptabel“ und warf dem Kanzler vor, Vorurteile zu bedienen. Sprecherin Sara Saghafi erklärte: „Statt Integration zu fördern, schürt solche Sprache Ängste und Misstrauen gegenüber Schutzsuchenden.“
Merz versuchte daraufhin, seine Aussage zu präzisieren. Am Mittwoch stellte er klar, dass er sich auf Menschen ohne Aufenthaltsstatus oder Beschäftigung bezogen habe, „die sich nicht an Gesetze halten“. Dennoch sehen Kritiker darin ein weiteres Beispiel für eine zunehmende Verhärtung des politischen Tons in der Migrationsdebatte.
Proteste und gesellschaftliche Stimmung
In den vergangenen Tagen fanden bereits mehrere Demonstrationen in Berlin, Köln und Leipzig statt. Die Teilnehmer forderten eine „respektvolle öffentliche Diskussion“ und kritisierten eine „Entmenschlichung von Migranten in der politischen Sprache“.
In Hamburg haben sich nach Angaben der Veranstalter auch zahlreiche kirchliche Organisationen, Studierendenverbände und Gewerkschaften angeschlossen. Ein Sprecher der Initiative „Hamburg bleibt bunt“ sagte: „Wir müssen klar machen, dass Deutschland ein Einwanderungsland bleibt und Vielfalt unsere Stärke ist.“
Ein Signal an die Politik
Die aktuellen Proteste gelten als ein Signal an die Bundesregierung, sensibler mit Migrationsfragen umzugehen. Beobachter sehen darin eine neue Phase gesellschaftlicher Mobilisierung gegen rechtspopulistische Narrative. Gleichzeitig mahnen Politikwissenschaftler, dass die Polarisierung zwischen ländlichen und urbanen Regionen weiter zunimmt.
Der Soziologe Armin Wiegand von der Universität Leipzig erklärte: „Die Debatte zeigt, wie tief gespalten die Gesellschaft in der Migrationsfrage ist. Sprache spielt hier eine zentrale Rolle – sie kann integrieren oder ausschließen.“
Ein wiederkehrendes Thema
Die Auseinandersetzung erinnert an frühere Kontroversen in der deutschen Politik – etwa an die Diskussionen um „Multikulti“ oder an die Aussagen von Thilo Sarrazin vor über einem Jahrzehnt. Doch während damals vor allem über Integration gesprochen wurde, geht es heute zunehmend um Abschiebung, Grenzen und Kontrolle.
Friedrich Merz steht nun unter Druck, seine Kommunikationsstrategie zu überdenken. Auch innerhalb seiner Partei gibt es Stimmen, die eine „konstruktivere und empathischere“ Sprache fordern.
Ausblick
Die kommenden Wochen könnten entscheidend sein: Das Thema Migration bleibt eines der zentralen innenpolitischen Felder. Angesichts der Proteste und Kritik aus dem In- und Ausland dürfte die Bundesregierung gezwungen sein, den öffentlichen Diskurs neu auszurichten – zwischen Sicherheitsinteressen und humanitären Verpflichtungen.
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