Bundeskanzler Friedrich Merz bricht zu seiner ersten Reise nach Israel seit Amtsantritt auf.
In Jerusalem trifft er sowohl Premierminister Benjamin Netanjahu als auch Präsident Isaac Herzog.
Die Visite findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die bilateralen Beziehungen durch den Gaza-Krieg spürbar strapaziert wurden.

Bereits im Februar 2024 war Merz – damals noch Vorsitzender der Unionsfraktion – von Netanjahu in Jerusalem empfangen worden.
Seit seinem Amtsantritt vor sieben Monaten betont der Kanzler zwar die „besondere Verantwortung“ Deutschlands gegenüber Israel,
doch wiederholte Differenzen hinsichtlich der israelischen Militärstrategie im Gazastreifen sorgten für Spannungen.

Zwischen Annäherung und Kritik

Wie sensibel die diplomatische Lage ist, zeigt auch der Umgang des israelischen Botschafters in Deutschland,
Ron Prosor, mit den Äußerungen des Kanzlers. Als Merz Ende Mai Kritik an den israelischen Operationen in Gaza äußerte und
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht ansprach, reagierte Prosor zunächst beschwichtigend:
„Wenn Friedrich Merz Kritik äußert, hören wir zu – er ist ein Freund“, sagte er im ZDF.

Doch nur wenige Wochen später veränderte sich der Ton deutlich. Anfang August kündigte Merz an,
bestimmte Waffenlieferungen an Israel „bis auf Weiteres“ auszusetzen – jene Rüstungsgüter, die unmittelbar im Gaza-Krieg eingesetzt werden könnten.
Deutschland könne keine Waffen liefern, wenn „Hunderttausende Zivilisten in Gefahr geraten“, so der Kanzler.

Prosor reagierte ungewöhnlich scharf. In einem Interview mit Welt TV warf er Berlin vor,
diese Entscheidung bringe weder die Freilassung der israelischen Geiseln noch einen Waffenstillstand näher.
Netanjahu selbst sprach von einer „Belohnung für die Hamas“, die international als Terrororganisation gilt.

Lockerung der Exportbeschränkungen

Mitte November nahm die Bundesregierung die Einschränkungen für Waffenexporte wieder zurück.
Regierungssprecher Stefan Kornelius verwies dabei auf die Waffenruhe, die seit dem 10. Oktober gilt –
auch wenn diese immer wieder durch Gefechte zwischen der israelischen Armee und Hamas-Kämpfern erschüttert wird.

Laut Angaben von Behörden in Gaza, deren Zahlen von UN-Organisationen als grundsätzlich verlässlich eingestuft werden,
wurden seit Beginn der Waffenruhe mehr als 300 Menschen durch israelische Angriffe getötet – darunter viele Kinder.

Historische Verantwortung und politische Realität

Am Sonntag, dem 7. Dezember 2025, trifft Merz Netanjahu in Jerusalem. Der Kanzler verweist regelmäßig auf seine
zahlreichen Telefonate mit dem israelischen Premier – über die Lage im Nahen Osten, die humanitäre Krise in Gaza
und zuletzt auch den zwölftägigen Krieg zwischen Israel und Iran.

Ein emotionaler Höhepunkt der Reise wird der Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sein.
Israel nahm sehr aufmerksam wahr, wie Merz im September in München mit Tränen rang,
während er bei der Wiedereröffnung einer von den Nazis zerstörten Synagoge über die „Scham“ angesichts des wachsenden Antisemitismus in Deutschland sprach.

Ein Begriff verliert an Gewicht

Nach den Streitigkeiten über die Waffenexporte betonte Merz, dass die deutsch-israelische „Freundschaft“ robust genug sei,
politische Differenzen auszuhalten. Dennoch distanziert sich der Kanzler zunehmend vom Begriff der
„Staatsräson“, den Angela Merkel 2008 im israelischen Parlament prägte.
Zwar erkennt Merz weiterhin die besondere Verantwortung Deutschlands für Israels Sicherheit an,
doch vermeidet er den Begriff inzwischen weitgehend.

Zwischenstopp in Jordanien

Anders als seine Vorgänger reist Merz nicht direkt nach Jerusalem.
Vor dem Treffen mit Netanjahu und Herzog besucht er zunächst Jordanien,
wo Gespräche mit König Abdullah II. geplant sind.
Erst im Anschluss fliegt der Kanzler nach Israel weiter.


Backlinks:

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