Finnlands Präsident Stubb: Kein Waffenstillstand in der Ukraine vor dem Frühjahr zu erwarten

Der finnische Präsident Alexander Stubb dämpfte die Erwartungen auf eine baldige Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Associated Press erklärte er, dass ein Waffenstillstand vor dem kommenden Frühjahr „höchst unwahrscheinlich“ sei. Stubb betonte zugleich, dass die Ukraine – trotz der aktuellen Korruptionsaffäre in Kiew – weiterhin auf starke europäische Unterstützung angewiesen sei.

Die Agentur wählte Stubb für dieses Gespräch aus, da er als einer der wichtigsten europäischen Vermittler zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gilt. Stubb verfügt über einen direkten Draht zu Trump: Beide spielen gemeinsam Golf und stehen regelmäßig in Kontakt, um für die Ukraine einzutreten. Als Präsident eines kleinen europäischen Landes mit einer 1340 Kilometer langen Grenze zu Russland kenne er die Risiken besonders gut, so die AP.

Die Agentur erinnerte daran, dass Finnland nach zwei Kriegen mit Russland in den 1940er-Jahren rund zehn Prozent seines Territoriums verlor und jahrzehntelang an seiner militärischen Neutralität festhielt – ein Kurs, der erst nach Russlands Angriff auf die Ukraine aufgegeben wurde. Heute ist Finnland Mitglied der NATO.

Stubb erklärte: „Ich kann Präsident Trump erklären, welche Erfahrungen Finnland gemacht hat, wie ich die Lage an der Front einschätze oder wie wir mit Präsident Putin umgehen.“ Wenn Trump „eine einzige von zehn Ideen aufnimmt, ist das bereits positiv“.

Korruptionsaffäre in Kiew und steigender Druck auf Russland

In dem Interview sagte Stubb, Präsident Selenskyj müsse zügig auf die Korruptionsvorwürfe reagieren, da diese Entwicklung „klar im Interesse Russlands“ liege. Zugleich forderte er die europäischen Staaten auf, ihre finanzielle und militärische Unterstützung für Kiew zu verstärken, da die russischen Streitkräfte derzeit Fortschritte auf mehreren Frontabschnitten erzielen.

„Ich bin nicht sehr optimistisch, was einen Waffenstillstand oder Friedensverhandlungen in diesem Jahr betrifft“, so Stubb. Dennoch sei es wichtig, „bis März greifbare Fortschritte zu erzielen“.

Aus seiner Sicht hängen mögliche Verhandlungen über einen Waffenstillstand von drei zentralen Punkten ab: verlässliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine, der Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft und eine Form von Einigung in der Frage der territorialen Forderungen.

Um Russland zu mehr Zugeständnissen zu bewegen, fordert Stubb zusätzlichen politischen und militärischen Druck – nicht nur von Europa, sondern auch von Washington. Putin verfolge unverändert das Ziel, „der Ukraine ihre Unabhängigkeit, ihre Souveränität und ihre territoriale Integrität zu nehmen“.

Stubb schlug zudem vor, eingefrorene russische Vermögenswerte in Europa im Wert von mehreren hundert Milliarden Dollar als Garantien für die Finanzierung der Ukraine einzusetzen. Gleichzeitig müsse Europas militärischer Druck auf Moskau steigen.

„Hybridkrieg gegen Europa“

Der finnische Präsident warf Russland außerdem vor, neben dem Krieg in der Ukraine auch einen breiten „Hybridkrieg“ gegen Europa zu führen. Die Grenze zwischen Krieg und Frieden verschwimme zunehmend. Russland versuche, Europa durch Aktionen wie Sabotage, Brandstiftung und gezielte Desinformation zu destabilisieren und Angst zu verbreiten.

57 abgeschossene Drohnen und neue Hoffnungen auf Gefangenenaustausch

Das russische Verteidigungsministerium meldete am Sonntag die Zerstörung von 57 ukrainischen Drohnen innerhalb einer Nacht. Gleichzeitig teilte der ehemalige ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow, inzwischen Generalsekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, über Telegram mit, dass Kiew und Moskau an der Wiederaufnahme des lange blockierten Gefangenenaustauschs arbeiten.

Umjerow erklärte, dass man an einer Vereinbarung arbeite, die die Rückkehr von rund 1200 ukrainischen Soldaten ermöglichen soll. Zudem habe er im Auftrag von Präsident Selenskyj Gespräche mit Vermittlern in der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführt, um die Mechanismen für einen neuen Austausch zu reaktivieren. Ziel sei es, die Gefangenen möglichst noch vor Weihnachten nach Hause zu bringen.

Umjerow leitete bereits zu Beginn des Jahres die ukrainische Delegation in den Verhandlungen mit Russland. Die letzten erfolgreichen Gefangenenaustausche fanden im Mai und Juni statt, bevor die Gespräche einfroren.

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