AfD im Krisenmodus: Russland-Streit legt tiefen Riss in der Partei offen

Berlin – Die Alternative für Deutschland erlebt erneut eine ihrer heftigsten öffentlichen Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt steht diesmal die Frage, wie sich die Partei gegenüber Russland positionieren soll – ein Thema, das die AfD seit Jahren spaltet und nun durch mehrere Ereignisse dramatisch eskaliert ist. Eine Reise von AfD-Abgeordneten ins russische Sotschi, ein geplantes – später abgesagtes – Treffen mit Dmitri Medwedew sowie ein polarisierender Talkshow-Auftritt von Parteichef Tino Chrupalla lösten eine parteiinterne Erschütterung aus, die weitreichende Folgen haben könnte.

Ein alter Konflikt bricht erneut auf

Der Streit über Russland ist nicht neu. Doch während Reisen in den Osten und russlandfreundliche Aussagen früher kaum Konsequenzen hatten, hat sich die Dynamik im Jahr 2025 deutlich verändert. Die CDU, die die AfD bei Umfragen als ernsthafte Konkurrenz sieht, fährt inzwischen eine extrem aggressive Kampagne – und setzt ausgerechnet beim Russland-Kurs der AfD an. Die Union wirft der AfD „Unterwerfung unter Putin“ vor und spricht offen von „Landesverrat“.

Diese Attacken haben eine empfindliche Stelle getroffen: Die Frage, wie die AfD eines Tages Regierungsverantwortung übernehmen will. Dadurch treten zwei unterschiedliche strategische Lager innerhalb der Partei klar hervor – beide prominent besetzt und mit völlig verschiedenen Vorstellungen davon, wie der Weg an die Macht gelingen könnte.

Zwei Lager, zwei Strategien: Der Kampf um die Ausrichtung

Auf der einen Seite steht ein Lager um Alice Weidel und den sicherheitspolitischen Sprecher Rüdiger Lucassen, das sich eher pragmatisch und an bundespolitischen Realitäten orientiert. Auf der anderen Seite stehen Tino Chrupalla und Björn Höcke, die weiterhin eine harte pro-russische Linie verfolgen und ihre politischen Chancen vor allem in Ostdeutschland sehen.

Modell 1: „Der Bund zuerst“ – Stimmengewinne im Westen entscheidend

Lucassen und Weidel betonen, dass Wahlen auf Bundesebene nur mit deutlichen Zugewinnen im Westen gewonnen werden können. Lucassen bringt es auf den Punkt: „Wahlen werden im Westen entschieden“, sagt er. Für ihn ist klar, dass die offene Russlandnähe vieler AfD-Funktionäre für westdeutsche Wähler schlicht nicht nachvollziehbar ist. Unternehmen wie Daimler, Porsche oder SAP, Arbeitnehmer in industriestarken Regionen – „die zeigen Ihnen den Vogel, wenn man ihnen mit Putin-Romantik kommt“, so Lucassen deutlich.

Auch die Landtagswahlen 2026 bereiten diesem Lager Sorgen. Im Frühjahr stehen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an, zwei Länder, in denen die AfD schon ohne Russland-Debatten schwer Fuß fasst. Ein pro-russischer Kurs könnte dort erheblichen Schaden anrichten und die Chancen im Bund 2029 massiv gefährden.

Alice Weidel: „Regierungsverantwortung zuerst“

Alice Weidel hat zuletzt ungewöhnlich heftig durchgegriffen. Nachdem bekannt wurde, dass während der Russlandreise ein Treffen mit Medwedew geplant war, stoppte sie die Fahrt eines beteiligten Abgeordneten und setzte strikte Auflagen für die übrigen Reisenden durch – keine Fotos mit russischen Offiziellen, keine Auftritte im russischen Staatsfernsehen.

In einem Interview betonte Weidel, die AfD müsse „erwachsen werden“ und sich endlich „in einem Rahmen bewegen, der Regierungshandeln ermöglicht“. Für sie ist klar: Ohne eine Öffnung zur Union wird es keine Regierungsbeteiligung geben – und dafür muss die Russlandfrage entschärft werden.

Modell 2: „Erst der Osten – dann der Bund“

Die Ostverbände hingegen verfolgen eine völlig andere Strategie. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt liegt die AfD in Umfragen teils deutlich über 30 Prozent. Für Spitzenpolitiker wie Björn Höcke ist klar: Die erste AfD-geführte Landesregierung muss im Osten entstehen. Dort will die Partei beweisen, dass sie regierungsfähig ist – und anschließend vom Osten aus den Bund erobern.

Höcke erklärt, dass eine Regierungsbeteiligung im Bund erst realistisch sei, wenn die Partei in einem ostdeutschen Land gezeigt habe, dass sie ministerielle Strukturen führen und gestalten kann. Eine Koalition im Westen als Juniorpartner lehnt er kategorisch ab – das wäre aus seiner Sicht „ein strategischer Fehler“.

Wenig überraschend spricht Höcke nicht direkt über die Russlandreisen seiner Parteikollegen. Doch dass er die Russlandstrategie maßgeblich geprägt hat, ist unbestritten. Gerade in Ostdeutschland nutzt die AfD den Konflikt in der Ukraine, um sich scharf von den anderen Parteien abzugrenzen. Kritiker des Kurses Richtung Moskau gelten dort als „Kriegstreiber“, die Friedenstaube ist zum Symbol der ostdeutschen AfD geworden.

Hans-Thomas Tillschneider: Anti-Kriegsrhetorik als Markenkern

Hans-Thomas Tillschneider, einer der radikalsten Vertreter der pro-russischen Linie, sieht keinen Unterschied zwischen Ost und West – zumindest in der Ideologie. Für ihn ist klar: „Eine weitere Partei, die wie CDU oder Grüne Krieg gegen Russland fördert, braucht niemand.“ Seine Auftritte mit Russlandfahne sorgten mehrfach für bundesweite Empörung.

Gefahr einer ersten AfD-Regierung?

Selbst in der AfD mehren sich Stimmen, die den radikalen Ostkurs für riskant halten. Denn eine erste AfD-Landesregierung würde aus Sicht vieler Kritiker zwangsläufig scheitern – schon wegen mangelnder Verwaltungserfahrung. Beamte könnten sich verweigern, Ministerien wären überfordert und der Bund könnte Finanzmittel blockieren.

Ein solches Scheitern würde die AfD bundespolitisch weit zurückwerfen. Viele sehen daher den Kurs Höckes und Chrupallas als gefährlichen Weg, der die Partei in eine Sackgasse führen könnte.

Fazit: Eine Partei im offenen Machtkampf

Der Russland-Streit ist längst mehr als ein außenpolitisches Thema. Er legt die zentrale Frage offen: Will die AfD realpolitisch regieren – oder ideologisch dominieren? Weidel setzt auf bundespolitische Anschlussfähigkeit, Höcke auf einen revolutionären Weg über ostdeutsche Machtzentren.

Die CDU nutzt die Schwäche geschickt aus und verstärkt die innere Spaltung durch gezielte Angriffe. Die AfD steht damit an einem Wendepunkt: Zwischen Regierungsambition und ideologischem Starrsinn entscheidet sich, welchen Weg sie in den nächsten Jahren einschlägt – und ob sie überhaupt regierungsfähig wird.


Backlinks:
https://rundumnews.de/gut-integrierte-syrische-fluechtlinge-deutschland/ |
https://rundumnews.de/polio-virus-hamburg/ |
https://rundumnews.de/antifa-terror-europa/

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