Massive Proteste in Gießen: Demo gegen AfD-Jugendgründung eskaliert – Innenminister warnt vor «bürgerkriegsähnlichen Zuständen»
Gießen – In Gießen kam es am Samstag zu großangelegten Protesten gegen die geplante Gründungsversammlung einer neuen Jugendorganisation der rechtspopulistischen Partei AfD. Die Demonstrationen gerieten zeitweise außer Kontrolle und führten zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Der hessische Innenminister Roman Buzek (CDU) bezeichnete den Polizeieinsatz als erfolgreich und betonte zugleich, dass ohne das schnelle Eingreifen der Einsatzkräfte die Lage noch deutlich gefährlicher hätte werden können. „Ohne das Eingreifen der Polizei hätten wir in Gießen die schlimmsten Gewalttaten und bürgerkriegsähnliche Zustände erlebt“, erklärte Buzek.
Polizei schützt Versammlungsfreiheit – doch Kritik an Protestformen
Nach Angaben des Ministers trug die umfangreiche Präsenz der Polizei maßgeblich dazu bei, die Versammlungsfreiheit und die Sicherheit der Teilnehmenden weitgehend zu schützen. Zugleich übte er scharfe Kritik an Teilen der Protestbewegung: Zwar seien die meisten Demonstrierenden friedlich gewesen, doch bestehe ein hohes Risiko, dass einzelne Gruppen gewalttätig vorgehen.
Die Innenbehörde in Hessen schätzt die Zahl der Teilnehmenden an den Gegendemonstrationen auf mehr als 25.000. Bei den Auseinandersetzungen gab es nach offiziellen Angaben Verletzte sowohl unter Polizeikräften als auch unter Demonstranten; die genaue Zahl der Verletzten und Festgenommenen lag zunächst nicht vor.
Vorwürfe gegen die Polizei: Bündnis „Widersetzen“ spricht von Übergriffen
Das Protestbündnis Widersetzen kritisierte den Polizeieinsatz scharf und warf den Einsatzkräften unverhältnismäßige Gewalt vor. „Die Polizei hat mit Schlagstöcken den Faschisten den Weg freigeschlagen“, sagte Laura Wolf, eine Sprecherin des Bündnisses, und forderte Aufklärung über mögliche Übergriffe.
Widersetzen gab an, noch keine verlässlichen Zahlen zu Verletzten oder Festnahmen zu haben, rechnet aber mit weiterer Mobilisierung in kommenden Aktionen. Die Aktivisten kündigten an, künftige AfD-Veranstaltungen gezielt zu stören, indem sie deren Anreise und Beginn verzögern wollen, bis solche Treffen nicht länger stattfinden können.
Atmosphäre der Angst – Vorwürfe politischer Instrumentalisierung
Vertreter des Bündnisses und einige Beobachter beklagen ein Klima der Einschüchterung, das sowohl von massiven Polizeimaßnahmen als auch von der Präsenz der AfD ausgehe. Suraj Militavi, ein Sprecher der Protestbewegung, behauptete, Teilnehmende seien „willkürlich angegriffen“ worden, während die AfD-Parteiveranstaltung vergleichsweise geschützt behandelt worden sei.
Die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung sowie andere politische Akteure riefen zu Besonnenheit auf und mahnten, Gewalt dürfe niemals Instrument politischer Auseinandersetzung sein. Gleichzeitig unterstrich die Landesregierung ihre Pflicht, sowohl die öffentliche Sicherheit als auch das Recht auf Versammlung zu gewährleisten.



