Polens Außenminister beschuldigt Russland: Hybrider Krieg gegen Europa

„Russland terrorisiert weiterhin ukrainische Städte“

In einem Interview mit Al Jazeera erklärte Sikorski, dass Russland durch Raketen- und Drohnenangriffe weiterhin ukrainische Städte terrorisiere. Er bezeichnete das Vorgehen Moskaus als „inakzeptabel“, insbesondere für ein Land, das ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist.

„Russland führt eine hybride Kriegsstrategie – sie umfasst Informationskriege, Spionage, gezielte Brandanschläge und sogar Attentatsversuche in Europa“, sagte Sikorski. Die Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern betreffen laut ihm nicht nur die Ukraine, sondern zunehmend auch angrenzende NATO-Staaten.

Spannungen an den Grenzen nehmen zu

Die Aussagen des polnischen Außenministers kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Spannungen zwischen Russland und mehreren europäischen Staaten erneut zunehmen. Mehrere NATO-Mitglieder, darunter Polen, Dänemark und Deutschland, berichteten über Luftraumverletzungen durch russische Drohnen.

Am vergangenen Sonntag wurde der Flughafen München nach Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte vorübergehend geschlossen. Ähnliche Vorfälle ereigneten sich kürzlich auch in Norwegen und Dänemark, wo der Flugverkehr kurzzeitig eingestellt werden musste.

Während Moskau jegliche Verantwortung bestreitet, drängen die europäischen Regierungen auf die Errichtung einer „Schutzmauer“ entlang der östlichen NATO-Grenze, um gegen mögliche hybride Bedrohungen gewappnet zu sein.

Polens Angst vor einer Ausweitung des Konflikts

Polen zählt seit Beginn des Ukraine-Krieges 2022 zu den engagiertesten Unterstützern Kiews. Die Regierung in Warschau warnt regelmäßig davor, dass Russland – bei einem Rückzug der westlichen Unterstützung für die Ukraine – versuchen könnte, den Konflikt nach Europa auszuweiten.

Ein Bericht der spanischen Zeitung La Vanguardia zeigt, dass Polen zunehmend besorgt ist, selbst Ziel russischer Aggressionen zu werden. Das Land habe seine militärische Bereitschaft in den letzten drei Jahren massiv erhöht und investiere inzwischen über 4,5 Prozent seines BIP in die Verteidigung – mehr als jedes andere NATO-Land.

„Östlicher Schild“ – Polens Verteidigungsstrategie

Im Rahmen des Projekts „Östlicher Schild“ baut Polen derzeit an einer neuen Verteidigungslinie entlang seiner Grenzen zu Belarus und der russischen Enklave Kaliningrad. Diese Linie umfasst moderne Überwachungssysteme, Drohnenabwehranlagen und befestigte Militärstützpunkte.

Parallel dazu verzeichnet das Verteidigungsministerium einen starken Anstieg freiwilliger Rekruten. Immer mehr Bürger nehmen an militärischen Ausbildungskursen teil, um sich auf mögliche Krisenszenarien vorzubereiten.

Auch in Deutschland ist die militärische Debatte wieder aufgeflammt. Laut einer Analyse auf rundumnews.de warnen Ökonomen und Politiker, dass die Aufrüstung in Osteuropa langfristig wirtschaftliche Auswirkungen auf den gesamten Kontinent haben könnte.

Hybride Bedrohungen: Cyberangriffe und Spionage

Die polnische Regierung beschuldigt Russland auch, gezielte Cyberangriffe und Desinformationskampagnen durchzuführen. Diese Angriffe sollen laut Sikorski das Vertrauen in demokratische Institutionen schwächen und innenpolitische Spannungen schüren.

Zu den jüngsten Vorfällen zählen Cyberattacken auf staatliche Server und Medienhäuser sowie die Verbreitung von gefälschten Nachrichten über angebliche politische Skandale. Der polnische Geheimdienst arbeitet eng mit europäischen Partnern zusammen, um diese Aktivitäten zu bekämpfen.

Ein weiteres Beispiel für hybride Kriegsführung sei laut Experten der Einsatz ziviler Drohnen über kritischer Infrastruktur. Erst im August wurden Drohnen in der Nähe mehrerer Energieanlagen gesichtet, was auf koordinierte Überwachungsaktionen hindeutet.

Wachsende Besorgnis in Europa

In ganz Europa wächst die Besorgnis über die Ausweitung russischer Operationen. Deutsche Behörden meldeten zuletzt zunehmende Versuche, politische Entscheidungsträger auszuspionieren oder militärische Informationen abzugreifen. Der deutsche Inlandsgeheimdienst warnte bereits 2024 vor einer neuen Welle russischer „Einflussoperationen“.

Auch wirtschaftlich steht der Kontinent unter Druck. Die steigende Inflation in Deutschland und die hohen Energiepreise erschweren es den Regierungen, ihre Verteidigungsbudgets zu erhöhen. Experten sehen darin eine Schwäche, die Russland ausnutzen könnte.

Ausblick: Europa zwischen Abschreckung und Eskalation

Obwohl eine direkte militärische Konfrontation zwischen Russland und der NATO derzeit als unwahrscheinlich gilt, bleiben die Risiken hoch. Laut polnischen Geheimdienstquellen könnte Moskau bis 2030 wieder in der Lage sein, eine ernsthafte militärische Bedrohung für Europa darzustellen.

Die polnische Regierung fordert daher stärkere EU- und NATO-Maßnahmen zur Verteidigung der Ostgrenze. „Nur durch Entschlossenheit und Abschreckung können wir Frieden sichern“, sagte Sikorski am Ende des Interviews.

Die Sicherheitslage bleibt angespannt – zwischen hybriden Angriffen, wirtschaftlichem Druck und wachsender Angst vor einem erneuten großflächigen Konflikt in Europa.

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